Zugegeben, für mich als langjährige selbstständige Fotografin im Homeoffice hat sich im Februar und März trotz Ausgangsbeschränkung noch nicht viel an meinem Arbeits- und Alltag geändert. Doch spätestens mit den kräftigen Sonnenstrahlen des Aprils und der erblühenden Natur, brennt es Natur- und Tierfotografen in den Fingern, die Fotoshootings im Freien durchzuführen. Gerade kommerziell arbeitende Fotografen würden jetzt die ersten Shootings im Blütenmeer planen und insbesondere Pferdefotografen alles für die beginnende Weidesaison vorbereiten.
Die Corona-Pandemie macht uns einen Strich durch die Rechnung. Doch statt verpassten Frühlingsshootings nachzutrauern oder gar unvernünftig zu werden und sie trotz aller Risiken durchzuführen, können wir unsere Kreativität auch umlenken und im heimischen Umfeld ausleben. Denn fest steht: Der Frühling wird auch im nächsten Jahr auf uns warten.
Haustierfotos im Wohnzimmer
Wenn wir schon keine fremden Models fotografieren können und dürfen, so wird es mal wieder Zeit, die eigenen tierischen Mitbewohner ins rechte Licht zu rücken. Dafür gibt es im Grunde nur drei Voraussetzungen:
1. Eine verhältnismäßig kurze Brennweite
Falls sich Pferdefotografen unter euch befinden, die lediglich das klassische 70-200mm Objektiv zur Verfügung haben, so möchte ich euch raten, zuhause mal mit eurem Smartphone zu experimentieren. Mit den neueren Modellen kann man heutzutage auch schon relativ gute Freistellungen berechnen lassen oder zumindest ganz grafische Fotos machen. Vielleicht tigert ihr mal mit dem SW-Filter eurer Katze hinterher? Ansonsten nutze ich zuhause gerne entweder das Sigma 50mm f/1.4* oder das Canon 16-35mm f/2.8*. Beide Objektive sind lichtstark und vor allem kurz genug, um auf kleinerem Raum zu fotografieren. Alle Bilder in diesem Artikel sind mit der Sigma-Linse entstanden. Dabei verwende ich meistens eine Blende von f/2.0 oder f/2.8 sowie eine Verschlusszeit, mit der ich leichte Bewegungen einfangen kann, also etwas zwischen 1/400s und 1/800s. Den ISO-Wert passe ich dynamisch an die Lichtverhältnisse an.

Der Klassiker: Mit einer 50mm Normalbrennweite lassen sich wunderbar diese niedlichen Portraits mit Draufsicht auf die Models fotografieren. Einfach mit lustigen Geräuschen die Aufmerksamkeit eures Tieres erhaschen und mit eingestellter Kamera abdrücken. Die meisten Böden im Innenbereich sind dafür geeignet. Mit offener Blende verschwimmen diese dann zu einer homogenen Fläche.
2. Eine ausreichende Beleuchtung
Es ist selbstredend, dass wir im Innenraum niemals so viel Lichtstärke zur Verfügung haben, wie im Freien. Zumindest, wenn wir ausschließlich mit natürlichem Licht arbeiten wollen. Aber ich bin jedes Mal erstaunt, wie gravierend doch der Unterschied von 1 oder 2 Metern weg vom Fenster sein kann. Versucht also so gut es geht dort zu fotografieren, wo es in eurer Wohnung am meisten Licht gibt. Achtet trotzdem auf die Lichtcharakteristik. Meine Wohnung ist z.B. Richtung Süden ausgerichtet und fast den ganzen Tag scheint die Sonne durch die Fenster. Zur Mittagszeit ist das Licht jetzt im April also schon entsprechend hart. Zum Fotografieren würde ich die Mittagszeit also eher nutzen, um knapp hinter der „Sonnenstrahlgrenze“ zu fotografieren. So wird mein Model nicht direkt angeleuchtet und der diffuse Bereich ist durch das Tageslicht trotzdem hell genug. Zum Abend gibt es in meiner Wohnung tolle Lichtspielereien von weichen Sonnenstrahlen im Zusammenspiel z.B. mit den Zimmerpflanzen, die dann malerische Schattenspiele an die Wände werfen.
Generell gilt wie immer in meinen Tipps: Scheut euch nicht, auch mal den ISO-Wert hoch zu drehen! Versucht außerdem Mischlicht zu vermeiden. Das normale Zimmerlicht ist oft nicht ausreichend für eure Kameras und mehrere unterschiedliche Lichtquellen sorgen oft für einen ganz grausigen Weißabgleich.

Abendliches Licht lässt die weiße Wand im Wohnzimmer in zarten Pastellfarben erscheinen. Eine Zimmerpalme sorgt durch ihren Schatten durch Auflockerung. Mein kleiner Kater Mango sitzt auf der Couchlehne und schaut in die Kamera. Ich mag das Farbspiel mit Warm-Kalt-Kontrasten. Leider ist dies das einzige richtige Foto, was ich von Mango machen konnte. Er verstarb wenig später an einer unheilbaren Katzenkrankheit 🙁 Umso wichtiger erscheint es mir nun, auch die eigenen Tiere regelmäßig zu fotografieren.
Auf dem linken Bild wird Nora direkt von einfallender Abendsonne angestrahlt. Auch hier sorgt das Sigma 50mm f/1.4 mit einer offenen Blende für hohe Freistellung. Auf dem rechten Bild ist Nora noch ein Katzenkind und wurde in etwa zur Mittagszeit fotografiert. Das Licht im Hintergrund wirkt härter, daher habe ich hier eher im schattigen Bereich des Wohnzimmers fotografiert.
3. Ein eigenes tierisches Model 😉
…oder besser gesagt: Ein kooperationsbereiter Shootingstar in den eigenen vier Wänden. Immerhin: Im Haus oder der Wohnung ist der Bewegungsradius unserer Fellpfoten eingeschränkter und besser zu verfolgen. Aber natürlich muss auch im Haus dafür gesorgt werden, dass das Model möglichst an fotogenster Stelle ist. Wollt ihr euch erstmal an Portraits versuchen, so hilft es bei Katzen ungemein, ihnen einfach ein erhöhtes Podest vor euren auserkorenen Hintergrund zu stellen. Ihr habt z.B. abends eine bestimmte Stelle, an der das Licht ganz fabelhaft wirkt? Stellt einen kleinen Katzenbaum, einen Stuhl, Hocker o.Ä. hin und lockt eure Katze mit Futter zu euch. Meine 3 Katzen springen eigentlich schon ohne Futter auf neue, hohe Orte. Erstmal lieben sie neue Dinge (ja, damit fallen sie wohl ganz aus dem Klischee) und zum Zweiten nehmen sie unheimlich gerne hohe Plätze an. Mit Futter lässt sich die Blickrichtung und Aufmerksamkeit steuern.
Noch spannender finde ich jedoch das Fotografieren des tierischen Alltags auf kreative Art und Weise. Nachfolgend habe ich zweimal durch eine Scheibe fotografiert. Einmal saß Kater Anton auf dem Balkon. Ich habe ihn mit den Blättern einer Zimmerpflanze eingerahmt und das Bild später in Schwarz-Weiß umgewandelt. Hätte ich das Bild auch in Photoshop bearbeitet, so hätte ich noch das Geländer im Hintergrund entfernt. Auf dem zweiten Bild wartet Nora vor der Küche auf ihr Futter. Ich liebe den Blick von Katzen, wenn sie beobachten 🙂 Auch hier wird mein Motiv durch die Tür im Vordergrund gerahmt. Sucht bei euch zuhause gezielt nach einer Möglichkeit, durch den Vordergrund euer Bild interessanter aufzubauen. Zimmerpflanzen oder Gegenstände wie z.B. glitzernde Deko-Wolle könnt ihr entweder direkt vor die Linse halten oder stellen.
Wie immer in der (Tier-)fotografie sollte der Spaß an erster Stelle stehen. Versucht doch mal mit euren Tieren vor der Kamera zu spielen. Hier z.B. wurde Joyce als Welpe von meinem Freund durch geknuddelt. Die Freude steht ihr buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
Und was geht im Home-Studio?
Je nachdem, über welche Platzverhältnisse und Technik man verfügt, kann man jetzt auch die Zeit nutzen, um das Home-Studio zu testen. Ein ganz simples Set-Up ist ein schwarzer Hintergrund und der Gebrauch einer Lampe mit großem Diffusor z.B. einer Softbox. Ich nutze schwarzen Bühnenmolton als Hintergrund, den ich über ein Hintergrundstangensystem spanne. Meine Blitzanlage von Hensel ist natürlich für Pferde ausgelegt, doch die gezeigten Fotos lassen sich auch mit anderen Fotolampen erzeugen. Für diese Bilder habe ich meinen Katzen wieder ein Podest gebaut und sie mit Futter in Position gelockt. Die Lampe steht in etwa im 45 Grad Winkel zu den Katzen und leuchtet sie von rechts an. Dabei sind diese drei Fotos entstanden:
Mehr zum Thema Katzen im Studio findet ihr in einem meiner Videos auf YouTube. Zu Gast war dabei sogar das NDR-Fernsehen und hat mich erneut bei meiner Arbeit begleitet. Schaut euch das Video gleich hier an.
Ich wünsche euch bis zum nächsten Blog-Artikel Gesundheit und einen kühlen Kopf für die nächste Zeit!
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