Um die Pferdefotografie ganzheitlich zu verstehen und zu leben, heißt es auch, die Psyche und Seele unserer geliebten Models und Vierbeiner in ihrer Tiefe zu begreifen. Deswegen teile ich hier die Entwicklung zwischen Feliz und mir unter der Frage:
Geht dein Pferd für dich durch’s Feuer?
Wenn man diese Frage mit „Ja“ beantworten kann, gilt es allgemein als durchweg positives Zeichen. Schließlich steht das für ein besonders treues, mutiges und gehorsames Pferd. Oder?
Meine Feliz würde für mich durch’s Feuer gehen. „Wenn du sagst, wir müssen da jetzt durch, dann müssen wir da jetzt durch“, hätte sie wohl früher zu mir gesagt, wenn ich sie schon damals mittels TK verstanden hätte. Sie hat mich durch meterhohe Schneewehen gebracht, durch sumpfige Äcker und off road über Berg und Tal. Sie hat auf dem Platz stumm und stumpf alle Trainings über sich ergehen lassen und wurde von mir auf Turniere geschleppt. Doch wäre ich damals schon in der Lage gewesen, größere Zusammenhänge von meinem Inneren und dem Seelenleben der Pferde zu verstehen, hätte ich sie damals gar nicht erst dazu gebracht.
Denn: Feliz würde FÜR MICH durch’s Feuer gehen.
Weil sie es durch frühere Trainingsmethoden gelernt hat, still zu bleiben und unterwürfig zu folgen. Weil sie gelernt hat, dass es angenehmer für sie ist, das zu machen, was ich für richtig halte. Weil ich sie nur dann bewundert und gelobt habe. Für ihre Leistung anerkannte. Niemals aber für ihr eigenes Selbst. Das durfte sich nicht äußern, denn dann hätten wir MEINE Ziele nicht erreicht und überhaupt gehört es sich ja nicht für ein Pferd, widersetzlich zu handeln. Wenn es das tut, ist es entweder unartig, respektlos oder „braucht einfach eine andere Frage, bis es von selbst die „richtige“ Antwort findet“. Ja klar, die richtige Antwort für unsere alleinigen Ziele und für unseren Nutzen.
Nichts davon kam jemals wirklich aus Feliz selbst heraus.
Sie ist von Natur aus schon ein in sich gekehrtes Pferd. Und statt ihr zu wahrer innerer Größe zu verhelfen, sie mental aufzurichten auf allen Ebenen, wurde diese Introvertiertheit ausgenutzt.
1000ende Male bin ich achtlos über ihre Grenzen gegangen. Bis ich eines Tages begriffen habe: Auch über meine Grenzen wurde 1000ende Male achtlos gegangen. Auch in mir steckt die Neigung, anderen durch meine Leistung gefallen zu wollen, weil ich nur dann gesehen wurde.
Ein Pferd muss nicht FÜR DICH durch’s Feuer gehen.
Mut zu zeigen und über sich hinaus zu wachsen, sich etwas zu trauen, das sollte es aus sich heraus. Und zwar ohne äußere Manipulation – sei es durch Druck, Druck weglassen oder Konditionierung über Lob. Die Psyche der Pferde ist einfach weitaus komplexer, als dass sie dieses Austricksen und Gefügigmachen durch uns verdient hätte. Nur unterwerfen sich viele Pferde einfach, weil sie sehen, dass ein wahrer Austausch gar kein Sinn macht und nur zu Ärger führt. Weil sie gar keinen Raum bekommen, sich auszudrücken und weil wir Menschen häufig völlig entgegengesetzte Signale aus eigentlicher Absicht und Körpersprache senden.
Ich habe Feliz damals nicht vorsätzlich so behandelt und klein gemacht. Ich dachte, dass mein Pferd einfach richtig brav ist und gerne mit mir diese Dinge erledigt. Und ich weiß, dass ganz viele Pferdemenschen, die dieses Bewusstsein zu ihrem Pferd vielleicht noch nicht erlangt haben, es auch nicht absichtlich unfair behandeln.
Aber es ist an der Zeit, den Schleier zu lüften und wirklich hinzuschauen, was uns unsere Pferde aus unserem eigenen Inneren aufzeigen und welche Verhaltensweisen für keinen von uns mehr gut sind.
Mit Feliz seit über 2 Jahren einfach nichts zu tun und sie so zu lieben, wie sie ist, hat mein Pferdchen wirklich stark und stolz gemacht. Vielleicht wird sie mich eines Tages durch’s Feuer tragen. Vielleicht gehen wir einfach zusammen durch, Seite an Seite. Oder wir betrachten es aus sicherer Entfernung.
Alles ist ok, solange es jeder von uns beiden aus sich heraus macht – und für sich.